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Marktkommentar: Tauwetter für die Zinsen

Kolumne Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank

Nach mehr als zehn Jahren sind im Euroraum die Zinsen wieder erhöht worden. Mit diesem Einstieg in eine straffere Geldpolitik werden nun auch in Europa die Zinsen wieder aufgetaut, die lange Zeit unter dem Nullpunkt festgefroren waren. Die Finanzmärkte hatten sich hierauf schon in den vergangenen Monaten eingestellt, daher gab es auf die Beschlüsse des EZB-Rates vom Donnerstag keine große Reaktion mehr an Aktien- und Rentenmärkten. Dass die EZB jetzt auf einen Anti-Inflationskurs einschwenkt, ist eine gute Entwicklung, denn die Verantwortung für die Inflation liegt langfristig ausschließlich bei der Zentralbank und bei niemandem anderen sonst.

Die Zentralbank kann die bisherigen Preissteigerungen nicht rückgängig machen und auch in den kommenden Monaten bleiben die Inflationsraten noch hoch. Das erinnert aber vor allem daran, dass kurzfristig der größte Teil der Inflation in diesem Jahr auf den russischen Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Preissteigerungen bei Rohstoffen zurückzuführen ist. Was die Notenbank jedoch verhindern muss, ist die Verfestigung der Inflation. Dafür hat die EZB nun die Grundlage geschaffen. Weitere Zinsschritte werden folgen. Im kommenden Jahr wird der Leitzins die Marke von einem Prozent wieder überspringen.

Für Sparer bedeutet dies, dass die Verwahrentgelte für Bankeinlagen zügig abgebaut und Guthaben wieder verzinst werden. Häuslebauer, Unternehmen und Staaten müssen sich jetzt darauf einstellen, dass Kredite nicht mehr nahezu kostenlos zu haben sind. Aktien- und Rentenmärkte haben die höheren Zinsen bereits eingepreist. Hier sind die Ertragserwartungen für die kommenden Jahre ebenfalls gestiegen. An den Immobilienmärkten werden die Auswirkungen noch ein wenig mehr Zeit benötigen. Insbesondere die rasanten Preissteigerungen bei Immobilien sollten durch die moderaten Zinssteigerungen ausgebremst werden. Gemessen an der langen Zeit extremer Tiefstände bei den Zinsen haben Wirtschaft und Finanzmärkte die geldpolitische Zeitenwende gut verkraftet.

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Susanne Haack

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