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Beschenkte Briten und faule Franzosen

Liebe Fußballfreunde,

was haben die Engländer gestern wieder für ein Glück gehabt. Als wollten sie der Queen nachträglich noch ein Geburtstagsgeschenk machen, verteilten der ukrainische Torhüter Pyatov sowie Schiedsrichter Kassai zwei schöne Präsente an die „Three Lions“.

Man muss natürlich auch zugeben, dass sich die englischen Spieler in der ersten Halbzeit in vornehmer Zurückhaltung übten. Weder im Spielaufbau noch beim Abschluss kam Aggressivität auf. Mitte der ersten Halbzeit schien es zudem bei Superstar Wayne Rooney, als hätte er beim Kopfball etwas Angst um seinen neuen Haaransatz gehabt. Abgesehen von dieser Möglichkeit war, wenn überhaupt, nur die Ukraine gefährlich. England verwaltete das Unentschieden und stand hinten einigermaßen sicher, die Blokhin-Elf tat etwas mehr und versuchte es zumeist aus der Distanz. Nach der Pause war dann Bescherung für die königlichen Untertanen. Denn Gerrards Flanke, die Rooney dankbar über die Linie nickte, war zwar zweimal leicht abgefälscht, darf aber von einem Nationaltorhüter ruhig auch mal gehalten werden. Fortan war wieder hauptsächlich die Ukraine gefährlich. So köpfte Milevskiy eine Maßflanke aus bester Position doch noch irgendwie über das englische Tor. In der 62. Minute konnte Terry den Schuss von Devic zwar erst hinter der Torlinie klären, aber Schieri Kassai und sein Assistent an der Torlinie waren wohl zu fasziniert von der Rettungsaktion des Abwehrrecken, um auf Tor zu entscheiden. Begleitet von den Schimpftiraden ihres Trainers legten die Ukrainer in der Folge noch eine Schippe drauf und auch der eingewechselte Shevchenko brachte zumindest die Zuschauer noch einmal richtig in Fahrt. Abgesehen davon waren die Schowto-Blakytni wohl mit ihren Kräften am Ende und so konnte England das Ergebnis locker über die Zeit bringen.

Im zweiten Spiel des Abends zeigte der schwedische Stürmerstar Ibrahimovic einmal mehr seine außerordentliche Klasse und die Equipe Tricolore präsentierte – wie schon streckenweise gegen England – locker-leichten Freizeitfußball. Während Les Bleus in Sachen Ballbesitz ein deutliches Übergewicht erzielen konnte, waren die Schweden zumeist bissiger und gefährlicher. Auf der einen Seite wurde aufs Tor geschossen, gegenüber schob man sich eher entspannt den Ball zu – warum auch nicht, wenn man theoretisch sogar 1:0 verlieren könnte. Da die französische Abwehr jedoch ganz passabel postiert war, sollte Toivonens Riesenchance in der 10. Minute der einzige Hochkaräter in der ersten Halbzeit bleiben. Nach dem Wechsel wurden zunächst die Franzosen stärker, in Minute 54 zauberte jedoch Ibrahimovic eine Hereingabe unnachahmlich ins französische Tor. Das schien Les Bleus aber vorerst nicht wirklich zu stören – vielleicht fieberte man bereits einer Partie gegen den Welt- und Europameister entgegen. Die nächsten Tormöglichkeiten musste jedenfalls allesamt der starke Lloris entschärfen. Danach stellten die Blanc-Schützlinge offensichtlich fest, dass der Gruppensieg wohl doch eine Alternative darstellt und erhöhten den Druck von Minute zu Minute. Doch während die schwedische Abwehr dem französischen Sturmlauf standhielt, kam es, wie es in solchen Spielen oft kommt. In der letzten Spielminute konterten sich die Blagult zum 2:0 und verabschieden sich damit erhobenen Hauptes von der EURO 2012. Für die Equipe Tricolore hingegen hätte dieses Ergebnis böse ins Auge gehen können, wenn da nicht die beiden Geschenke an die Three Lions gewesen wären. So haben Les Bleus ihren Wunschgegner Spanien im Viertelfinale, während die englischen Glückskinder auf das italienische Minimalisten-Ensemble treffen. Wir schnaufen für einen Tag durch und freuen uns auf das erste Viertelfinale am Donnerstag mit Tschechien gegen Portugal.

Benjamin Beck

Benjamin Beck

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