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Angestrengtes Zinsumfeld

Ein Marktkommentar von Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank

Die Freude über rückläufige Inflationsraten ist an den Märkten zuletzt etwas verflogen. Das Zinsumfeld wirkt wieder angestrengter, die Anleiherenditen sind in der abgelaufenen Woche diesseits und jenseits des Atlantiks spürbar angestiegen. Taktgeber hierfür sind die Vereinigten Staaten: Kommentare von der amerikanischen Notenbank (Fed) verstärken den Eindruck, dass eine erneute Leitzinsanhebung um 25 Basispunkte nicht ausgeschlossen werden kann. Die Finanzmarktteilnehmer erleben, dass die Erzählung über hohe Zinsen für die nächsten Jahre von den Notenbanken betont wird. Auch die angekratzte Schuldenobergrenze gilt es an den Zinsmärkten zu berücksichtigen. Das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit der USA scheint sich indes aufzulösen. Äußerungen des republikanischen Mehrheitsführers im Repräsentantenhaus, McCarthy, dass eine Einigung zur Anhebung der Schuldenobergrenze bis Sonntag erreicht werden könnte und in der kommenden Woche die Abstimmungen im Kongress möglich seien, geben Aktienkursen und dem US-Dollar Rückenwind. Im feiertagsbedingt dünnen Handel schloss der Deutsche Aktienindex (DAX) am Donnerstag zum ersten Mal seit Januar 2022 über 16.000 Punkte und das Allzeithoch bei 16.290 Punkte rückte in greifbare Nähe.

In den nächsten Tagen dürfen die Kapitalmärkte einige Konjunkturdaten erwarten, die die Stimmung wohl kaum einheitlich heben werden. Das Bruttoinlandsprodukt und die Einkaufsmanagerindizes werden die schwächliche Verfassung der Eurolandkonjunktur bestätigen. Die Volkswirtschaften stecken zwar keineswegs in einer schmerzlichen Rezession, aber positive konjunkturelle Dynamik sucht man ebenfalls vergebens. In Deutschland dürfte das ifo Geschäftsklima zurückgehen und die Fragilität der wirtschaftlichen Aktivität unterstreichen. So bleibt der Blick auf die Notenbanken und deren Einschätzung der Inflationsentwicklung: In den USA sollten die Einnahmen und Ausgaben der privaten Haushalte im April gestiegen sein und dabei der Deflator des Privaten Konsums leichte preisliche Entspannung andeuten. Ob dies der Fed eine wohlwollende Interpretation abringen kann, ob mithin der Leitzinspfad an den Börsen freundlicher eingeschätzt wird und der DAX rasch ein frisches Allzeithoch erreicht, verspricht Spannung für die neue Handelswoche.

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